Das Spezialgebiet der Psychotraumatologie beschäftigt sich mit den Auswirkungen traumatischer Erfahrungen auf unser psychophysisches Verarbeitungssystem und deren Behandlung.
Traumatische Erfahrungen sind existentiell bedrohliche Ereignisse, die durch starke Übererregung des Nervensystems eine Art “innere Wunde” in der Seele hinterlassen. Unser psychisches Verarbeitungssystem ist überfordert. Anzeichen dafür sind: große Aufgeregtheit / Unruhe / Schlafstörungen ebenso wie Vermeidungs- und Risikoverhalten. Typisch sind unwillkürlich auftauchende Erinnerungsfetzen (Bilder, Gefühle, Körperempfindungen), die sich als gegenwärtig und nicht als Vergangenheit anfühlen. Man nennt dies Intrusionen oder Flashbacks. Eine Vermeidung von ähnlichen Gefahrensituationen (sog. Trigger, d. h. Auslöser für die intrusiven Erinnerungen) ist anfänglich sinnvoll. Oft heilt diese Wunde gut spontan aus, die Symptome nehmen von selbst ab, das Trauma ist bewältigt.
Es gibt aber “Trauma-Wundheilungsstörungen”. Am häufigsten sind:
posttraumatische Belastungsstörung (Intrusionen, Vermeidung und Übererregung bestehen länger als 4 Wochen fort oder treten später erst auf) sowie Depressionen und Angsterkrankungen.
Bei schweren Traumatisierungen v. a. in der Kindheit auch mehr oder weniger ausgeprägte dissoziative Störungen.
1. Stabilisierung
Stoppen der Überflutung mit Erinnerungen und negativen Gefühlen aus dem Trauma und Aufbau eines willkürlich kontrollierten positiven Zustands ist das Ziel. Dazu braucht es viele Methoden (z. B. imaginative Verfahren) und bei schweren Traumatisierungen ausreichend Zeit.
2. Traumaverarbeitung
Konfrontation mit dem Trauma, Kontrolle behalten und aushalten, Gestalten der neuen Lösung durch EMDR oder Bildschirmtechnik bestimmen das Vorgehen. Ziel ist letztlich, die im Trauma nicht vollendete Handlung abzuschließen, und Vergangenheit und Gegenwart differenziert und voneinander getrennt wahrnehmen zu können, also das Trauma zu bewältigen.
3. Integration
Die abschließende Integration in das eigene Selbst- und Weltbild bringt oft eine Neuorientierung und persönliche Weiterentwicklung mit sich.
EMDR ist eine Methode zur Verarbeitung psychischer Traumatisierungen. Die Patientin wird dabei gebeten sich die traumatische Erinnerung erneut vorzustellen und gleichzeitig auf duale Stimuli zu achten (Augenbewegungen von links nach rechts, alternierende Töne oder Berührungen). Dadurch kommt es in der Regel zur Abnahme der belastenden Gefühle (Desensitization) und dem Finden eines Lösungsprozesses (Reprocessing).
Anwendungsbereiche:
•Einfache und komplexe posttraumatische Belastungsstörungen
•Angst- und Panikerkrankungen
•komplizierte Trauerreaktionen
•Dissoziative Störungen in Kombination mit anderen Verfahren
•Ergänzung zu anderen Therapieverfahren bei verschiedensten psychischen Störungen